Hat jemand von euch schon mal gefühlt, wie schlimm Velofahren sein kann?
Ich habe die Hölle am eigenen Leib erfahren!!
Der Anfang dieser Tortour fand in Wohlen, im Kt. Aargau statt. Wir bekamen den Auftrag 700km weit mit dem Velo zu fahren, genauer gesagt, von Wohlen AG nach Saintes Maries de la Mer in Südfrankreich. Für diese Tour hatten wir 6 Tage Zeit, und wir legten pro Tag ca. 120km zurück.
Ich höre einige von euch jetzt sagen: "Pffff...... das ist doch nichts!!! Das schaffe ich locker in weniger Tagen" Diese Leute sind herzlich dazu eingeladen, in den Sommerferien 2008 mit mir diese Tour zu machen. Ich freue mich jetzt schon.
Am ersten Tag ging noch alles glatt. Bis auf ein paar Leistungseinbrüche war nichts besonderes zu vermerken, wir trafen zeitgemäss an unserem ersten Übernachtungshalt in Nidau bei Biel, im Backpacker Lago Lodge, ein.
Bis jetzt ahnte ich noch nichts schlimmes, es tat mir, im Gegensatz zu anderen "Leidensgenossen", nichts weh. Nach dem Abendessen, welches aus Fischknusperli, Spinat und Salzkartoffeln *wuäch!* bestand, gab es das erste Briefing für den nächsten Tag. Das Ziel: Am Abend die Ecole d' agriculture in Morges erreichen!!
Nach einem gewissen Schlummertrunk, der aus 0.5l Bier bestand, ging es ab ins Bett.
Am nächsten Morgen wachte ich noch munter und frisch auf, wusste jedoch, dass es nicht mehr so "easy" werden würde wie gestern.
Anfangs lief es gut, sehr gut sogar..... aber dann, nach dem Mittagshalt in Yverdon-les-Bains, traten meine Beine in einen Warnstreik! "Mist, wieso müend die huere Bei jetz versäge, wa sell de Seich??" Mit aller mühe und Not kraxelte ich den anderen hinterher auf Cossonay hinauf, um Nachher eine schöne Abfahrt nach Morges zu machen.
Wir trafen ziemlich spät in Morges ein......
Am Abend gab es wieder das obligate Briefing, bei dem jetzt bekannt gegeben wurde, welche Mordssteigungen wir vor uns hätten.
Konkret heisst das: Kein Schlummertrunk, früh ins Bett!!
Der nächste Morgen: "Aaaahhh, mis Füdli fätzt jo andersch heftig!!" oder "Mini Bei tüend ver*ammt weh!!* Diese Vorboten der "Apokalypse" hiessen nichts gutes.
Doch wider aller Erwartungen trafen wir schon 2 Stunden nach der Abfahrt in Geneve ein. Wir beschlossen, unseren Mittagshalt vorzuverlegen.
Das Mittagessen bestand aus: 1 Croissant de jambon, 1 Sandwich avec poulet et 1 Carac (Törtchen mit Pralinenfüllung + grüner Deckel), siehe Bild
So etwa sieht ein Carac aus, ist uuuuhh mega fein!!
Also, nach diesem "Festmahl" gings weiter über die Schweizer Grenze nach Vriy und Frangy hinauf, bzw. wieder hinunter.
Der erste "Hoger" betrug "nur" 200m Höhendifferenz. der 2. "Hügel" schon 300m. Unglücklicherweise bringen es die Franzosen nicht fertig, überall Autobahnen zu machen, das heisst, JEDER 40-Tönner brauste an uns armen Velofahrern vorbei. In der 2. Steigung hatte ich genug und zeigte einfach jedem Lastwagenfahrer, der hupte, den Vogel (A*lochfinger).
Unser Ziel, Aix-les-Bains, erreichten wir, ziemlich erschöpft. Einen kurze Glace, ein kleiner Schlummertrunk (siehe da, es hat gereicht!!) und dann ab in die Federn.
Der nächste Morgen sollten ein Exempel statuieren........
Zuerst eine gemütliche Fahrt am Morgen?? Denkste! Nach 2 km eine riesige Baustelle. Und was hat es als Baustellenabgrenzungen meistens?
Richtig!! Hüfthohe Pylonen.....
Manche von euch sagen jetzt sicher:"Esch jo voll ned schlemm!"
Das kann schon richtig sein, aber wenn man mit dem S*eissteil kollidiert, gibt es böse Verletzungen. So geschehen bei mir. Und dann noch den hinteren Mann in mich reinfahren tun seeehr weh!
Danach gings wieder besser und wir erreichten gut unseren Mittagshalt, Voiron.
Nach einem Mittagessen, welches zu VIEL Käse beinhaltete, wollten wir weiter nach Chabeuil im Rhonetal. Leider war mir Fortuna heute nicht gut gesinnt. Nach ca. 500m wackelte mein Vorderrad, trotz gut angezogenem Schnellverschluss. Die Diagnose: kaputte Radnabe. Die einzige Lösung: zurück nach Voiron ein neues Rad kaufen gehen. Für ca. 100 SFr. gabs ein neues Rad!! Der Velohändler meinte lapidar, weil wir Touristen seien, habe er die Montage nicht berechnet, hahahaaaaaa *Zwangsgrinsen*.
Mit einem neuen Vorderrad gings dann im Affentempo durch die Provence und in die Camargue. Wir erreichten Chabeuil mit 2 Stunden Verspätung. An diesem Abend wurde mir klar, dass man auch auf dem Velo micht unsterblich ist.......
Am nächsten Morgen stand uns DIE Monstertour bevor. 160km an EINEM Tag und noch eine mittelgrosse Steigung. Ein Teil der Strecke führte entalg der TGV-Schnellzugsstrecke. Das besondere an dieser Strecke ist, dass es auf der ganzen Länge KEINE Zugsignale mehr gibt. Nur noch vereinzelte Tafeln hingen an den Masten. Des Rätsels Lösung heisst ETCS (European Train Control System), ein System, welches auch in der Schweiz im Kommen ist. (Weitere Infos gibts beim Blog: "Warum ETCS??"
So etwa hat es ausgesehen (Hinweis: Dieses Bild zeigt NICHT die Strecke in Frankreich sondern die Strecke des Lötschberg-Basistunnels LBT).
Erfreulicherweise hatten wir bis zum Mittag 100km zurückgelegt. Wir waren voll im Schuss und erreichten danach unser Tagesziel Tarascon exakt im Zeitplan. Von da an herrschte schon jetzt Feierstimmung, da wir am nächsten Tag nur noch 57km zurücklegen mussten.
Der letzte Tag:
Hurra, die Hölle ist überstanden, Knie und Füdli sagen danke!! Kurz nach der Durchfahrt beim Ortsschild von Saintes Maries de la mer dachte ich: "Was Cheibs esch denn met mit Henderrad los??" Die Antwort war schnell gefunden: Ein Platter Reifen. Zum Glück war die ganze Tortour vorbei und "es hed mi nömme gchratzet!"......
Jetzt war einfach nur noch FEIERSTIMMUNG!!!!!!!!!
PS: Bilder der Tour gibt's hier: http://www.flickr.com/photos/14641628@N06/
Anmerkung: Falls sich irgendjemand durch teilweise "unschöne" Wörter gestört fühlt, soll er seinen Unmut nicht in den Kommentaren kundtun, sondern zuerst selbst bei sich schauen, so nach dem Sprichwort ; "Fuchs, feg' zuerst vor deiner eig'nen Tür!!"